Auszug aus der Berner Zeitung BZ vom 29. November 1999
Billard-Schweizer-Meisterschaften
Die Jüngsten waren eine Klasse für sich
Letztes Wochenende fanden in der Sporthalle Wankdorf die Schweizer
Meisterschaften im Billard statt. Die jüngsten Teilnehmer aus dem Kanton Bern waren
Nathalie Ugolini (10) und Dimitri Jungo (16).
* Simone Hubacher
In der Wankdorfhalle ist es nur selten so still während einer Sportveranstaltung: Auf
der Zuschauertribüne wird kaum ein Wort gewechselt, oder wenn, dann nur mit
gedämpfter Stimme. Niemand will die Spielerinnen und Spieler in ihrer Konzentration
stören. Es geht um viel: Wer hier gewinnt, darf sich Billard-Schweizer-Meister nennen.
Dimitri Jungo aus Biel ist mit 16 Jahren der jüngste männliche Teilnehmer aus dem
Kanton Bern. Während dem Match strahlt er bereits dieselbe Ruhe aus wie die
Erwachsenen. Keine Spur von Anspannung oder Nervosität. Das kommt nicht von
ungefähr: Dimitri spielt seit fast sieben Jahren Billard und ist schon 13-facher
Schweizer Meister und Jugend-Europameister.
Mit 16 Jahren schon 13-facher Schweizer Meister.
Dimitri Jungo aus Biel ist ein grosses
Talent im Pool-Billard
Druck an der SM
«Mit zunehmender Erfahrung legt sich die Nervosität vor dem Spiel», erklärt der
grossgewachsene junge Mann und fügt umgehend dazu: «Aber bei Turnieren, wo es
um Titel geht, ist es etwas anders: Du spürst den inneren Druck.» Gegen aussen
wirken die meisten Akteure ruhig und gelassen, die Gefühle spielen sich nur gegen
innen ab. Ist Billard denn überhaupt ein Sport? «Aber sicher», erwidert Jungo,
«wenn auch in erster Linie ein Denksport.» Er sei aber überzeugt, dass jene Spieler,
die auch auf die körperliche Fitness achten, längerfristig erfolgreicher sind als die
anderen. «Wer fit ist, ist auch fit im Denken.»
Falsches Image
Das Image, wonach Billard in dunklen, verräucherten Kellern gespielt wird, kennt
Dimitri höchstens aus Hollywood-Streifen. Er bedaure, dass die breite Öffentlichkeit
dadurch einen falschen Eindruck des Billard-Sports erhalte.
Am meisten Fortschritte erzielt der Neuntklässler im Spiel. «Ich bin nicht der Typ, der
gerne alleine trainiert.» Viel lieber spiele er gegen andere Clubmitglieder. «Am meisten
profitiere ich aber von Partien gegen Cracks an den grossen Geldturnieren.» Dass er
an solchen schon teilnehmen kann, verdankt er dem Pool-Billard-Club Biel. Dieser hat
sich beim Schweizerischen Billardverband dafür eingesetzt, dass Dimitri in der
höchsten Liga der Schweiz mitspielen darf. Nur die Schweizer Meisterschaft absolviert
er noch in der Kategorie der Schüler. «Gegen Ältere zu spielen, macht mir nichts aus.
Ich merke, dass sie mich als Gegner ernst nehmen.»
Das junge Talent kennt auch Neider. Dass seine Schulkollegen dazugehören, glaubt er
allerdings nicht. «Sie kennen den Sport nur wenig und wissen daher nicht genau, wie
sie meine Erfolge einschätzen sollen.»
Dimitri Jungo strebt eine Karriere als Halbprofi an: «Ich könnte mir gut vorstellen,
später einmal die Billardhalle meines Onkels zu übernehmen und nebenbei Turniere
zu spielen.» Das ist aber noch weit weg. Im Vordergrund steht nun vorerst der Übertritt
in die Handelsschule. In sportlicher Hinsicht freut sich Dimitri Jungo auf die
Teilnahme an der Profi-Weltmeisterschaft in Alicante, Spanien.
Auf Dimitris Spuren
Für Nathalie Ugolini ist die Schweizer Meisterschaft eine neue Erfahrung. Aufgeregt
sei sie aber trotz der Premiere nicht. Dimitri ist ihr nicht nur in diesem Punkt ein
Vorbild: «Als er so alt war wie ich, hat er seine erste Medaille gewonnen.» Die beiden,
die dem selben Billardclub angehören, haben auch schon zusammen trainiert. «Noch
gestern hat er mir gezeigt, wie ich mein Anspiel verbessern könnte.» Für die
Viertklässlerin ist Billard mehrheitlich noch ein Hobby. «Aber an den Turnieren gilt es
ernst. Da will ich gewinnen», betont sie.
Erst 10-jährig und schon an der Schweizer Meisterschaft
Nathalie Ugolini vom PBC Biel
Bilder: Martin Schweizer
Unterstützung der Familie
Nathalie ist seit zwei Jahren eine lizenzierte Spielerin. Es macht ihr Spass, an den
Wochenenden von Turnier zu Turnier zu reisen. Unterstützung erhält sie dabei von
ihrer Familie. Sowohl der Vater wie auch die beiden älteren Brüder sind aktive
Billard-Spieler. Vater Mario ist überzeugt, dass seine Kinder von diesem Sport sehr
viel profitieren: «Du bist ganz auf dich alleine gestellt, an Turnieren sogar viele
Stunden nacheinander. Die Konzentrationsfähigkeit wird dadurch verbessert. Mental
sind alle Billard-Spieler gefordert.»
Erfolgreiche Talente
Mit ihrem Debüt an der Schweizer Meisterschaft ist Nathalie sehr zufrieden. In der
Kategorie der Mädchen wurde sie Dritte und durfte sich die Bronzemedaille umhängen
lassen. «Ich will noch oft an Schweizer Meisterschaften teilnehmen und noch viele
Medaillen gewinnen.»
Dimitris Erfolgsserie hält an: Er gewann auch in diesem Jahr in allen drei
Pool-Disziplinen den Titel und kehrt mit drei Goldmedaillen nach Hause.*
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